Jahrzehntelang hat eine zentrale Energieversorgung die privaten Haushalte in Deutschland dominiert. Mit der technischen Entwicklung neuer Verfahren zur Energieerzeugung bis hin zur Serienreife vermehren sich die Optionen, eine dezentrale Energieversorgung zu installieren. In der Definition versteht sich die dezentrale Energieversorgung als geografisch begrenzte Versorgungseinheit. Eigene Energieerzeuger versorgen Nachbarschaften, Stadtteile und Wohngebiete. Möglich sind autarke Insellösungen oder am zentralen Energienetz angeschlossene Kleinnetze. Technisch werden meist Blockheizkraftwerke und Solarstromanlagen eingesetzt. Möglich bei der Umsetzung sind aber auch andere Stromerzeuger wie Windräder und Wasserturbinen. Die Verlagerung der zentralen Überlandversorgung auf lokale Einheiten hat zwei Seiten. Gleichmäßige Versorgungssicherheit, Spitzenlastfähigkeit, technische Unterhaltung und Wirtschaftlichkeit hängen von vielen Faktoren ab.
Vor- und Nachteile des dezentralen Versorgungsprinzips
Die dezentrale Energieversorgung erlaubt, vollkommen anders aufgebaute Konzepte zu verwirklichen. Dabei kann sie eine größere Verbraucherfreundlichkeit bei gewohnter Versorgungssicherheit bieten, muss es aber nicht. Als herausragende Chancen und Vorteile einer dezentralen Energieversorgung gelten:
- Unabhängigkeit von Zentralversorgern und deren Preisgestaltung
- Mögliche kostengünstigere Produktion der Energie
- Kombinationsmöglichkeit unterschiedlicher Energiequellen
- Geringere Transportkosten durch geringere Auslieferungsentfernung
- Größere Umweltfreundlichkeit wegen hohem Anteil regenerativer Energieträger
Den Perspektiven für eine dezentrale Energieversorgung stehen einiges Nachteiliges entgegen, die akzeptiert und ausgeglichen werden müssen:
- Anfangsinvestition in technische Anlage und eigenes Netz erforderlich
- Übereinstimmung aller Beteiligten und Verbraucher
- Versorgungsschwankungen durch Witterungsabhängigkeit (Fotovoltaik/Solarstrom)
- Notwendige Koppelung ans Zentralnetz zwecks Stromverkauf für Wirtschaftlichkeit
- Selbstverantwortliche Instandhaltung, Überwachung und gegebenenfalls Reparatur
Möglicher Aufbau und systemische Auslegung
Herausragende Herausforderung beim Aufbau und der Arbeitsweise einer dezentralen Energieversorgung ist die gleichmäßige Verfügbarkeit von Energie. Zentrale Systeme können durch hohe Reserven die Verbrauchsschwankungen ausgleichen. In kleineren Zusammenschlüssen muss die Speichertechnik und eine eventuelle Kombination der Energieerzeuger diese Funktion übernehmen. Dezentrale Energieversorgung nach heutigem Stand kaum autark zu betreiben. Die enormen Differenzen der Verbrauchsmengen können durch unterschiedliche Energieträger abgefedert werden. Wenn beispielsweise Solarstrom die Hauptlast liefert, können temporäre Einspeisungen aus dem zentralen Netz Schlechtwetterperioden überbrücken. Dieses Vorgehen kann auch Spitzenlasten bedienen. Um eine attraktive Wirtschaftlichkeit zu schaffen, werden anfallende Überkapazitäten im Gegenzug an die Zentralversorger verkauft. Statt eines Anschlusses an das zentrale Netz kann neben Solarstrom ein Blockheizkraftwerk eingesetzt werden. Es kann in der dezentralen Energieversorgung als alleiniger Stromlieferant oder als zusätzlicher Versorgungseinheit dienen. Durch die technische Option, Kraft und Wärme zu koppeln (KWK), sind autarke Systeme leichter realisierbar. Der Investitionsumfang in eine kombinierte dezentrale Energieversorgung ist allerdings sehr hoch. Großer Vorteil ist die Übernahmefähigkeit der Versorgung, wenn regenerative Energieträger schwächeln. Auch in diesem Modell kommt der Speichertechnik sowohl von Strom als auch Wärme herausragende Bedeutung zu.
Perspektive und Zukunftsaussichten
Die dynamische technische Entwicklung zeigt sich besonders augenscheinlich in den Konzepten der Energie- und Wärmeversorgung. Die Effizienz, Effektivität und Machbarkeit für eine dezentrale Energieversorgung entsteht aus den Einzeltechnologien und deren Umsetzung. Noch vor wenigen Jahren wären viele dezentrale Systeme aufgrund zu geringer Kapazitäten in der Stromspeicherfähigkeit undenkbar gewesen. Ähnliches gilt für die Leistungsfähigkeit der Strom- und Wärmeerzeuger bei für private Haushalte erschwinglichen Kosten. Mit der Weiterentwicklung jedes einzelnen Bereiches und Bauteils und der einsetzenden Serienreife und Produktion steigt die technische und wirtschaftliche Attraktivität und Realisierbarkeit. Dezentrale Energieversorgung muss in der Zukunft dem Ideal der autarken unabhängigen Versorgungssicherheit folgen. In Kombination mit der verstärkten Nutzung regenerativer Ressourcen verspricht dieser Ansatz, die Probleme ausgehender fossiler Ressourcen und der Umweltbelastung zu lösen. Eine Grundlagenstudie zur Energiewirtschaft des Verbands der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) aus 2007 ermittelt die steigende Wettbewerbsfähigkeit auch wegen der Preissteigerungen zentraler Versorgung und fallende Kosten für KWK-Anlagen.